Unsere Empfehlungen

Himmel ohne Ende

Autor: Julia Engelmann

Verlag: Diogenes

ISBN: 978-3-257-07323-2

Preis: 25,00 €

Buchtipp von: Rainer Francke (Dezember 2025)

Himmel ohne Ende

Coming of Age: Julia ist 15 und fühlt sich ziemlich allein: Sie lebt bei und mit ihrer Mutter, doch seit ihre Mutter einen neuen Mann hat, vermisst sie ihren eigentlichen Vater um so mehr. Und auch mit ihrer besten Freundin läuft es nicht, denn die interessiert sich ausgerechnet für den einzigen Jungen, den Charlie auch gut findet. Ja, so kann das …

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Coming of Age: Julia ist 15 und fühlt sich ziemlich allein: Sie lebt bei und mit ihrer Mutter, doch seit ihre Mutter einen neuen Mann hat, vermisst sie ihren eigentlichen Vater um so mehr.
Und auch mit ihrer besten Freundin läuft es nicht, denn die interessiert sich ausgerechnet für den einzigen Jungen, den Charlie auch gut findet.
Ja, so kann das sein als Jugendliche: alles ziemlich kompliziert. Bis Charlie Pommes kennenlernt, der sie versteht. Weil er auch anders ist und es nicht leicht hat – und trotzdem raus will. Und Charlie mitnimmt. Und ihr ein Stück weit die Welt wieder zugänglich macht …
Julia Engelmann kommt aus dem Poetry Slam, also eher kurzen Texten. Aber auch ihr erster Roman ist gelungen, nachvollziehbar, gefühlsecht – empfehlenswert.

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Wir haben keine Antimemetik-Abteilung

Autor: Sam Hughes

Verlag: Heyne

ISBN: 978-3-453-27553-9

Preis: 20,00 €

Buchtipp von: Anne Simon (Dezember 2025)

Wir haben keine Antimemetik-Abteilung

Was ein Mem oder Meme ist, davon haben die meisten von uns wahrscheinlich zumindest eine vage Vorstellung. Ursprünglich eine wissenschaftlich-philosophische Theorie, meint es ein Informationsmuster, dass wir mit unseren Sinnen wahrnehmen und durch Kommunikation verbreiten und evolutionär weiterentwickeln können. Wikipedia führt hier beispielhaft …

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Was ein Mem oder Meme ist, davon haben die meisten von uns wahrscheinlich zumindest eine vage Vorstellung. Ursprünglich eine wissenschaftlich-philosophische Theorie, meint es ein Informationsmuster, dass wir mit unseren Sinnen wahrnehmen und durch Kommunikation verbreiten und evolutionär weiterentwickeln können. Wikipedia führt hier beispielhaft das berühmte Bild der Beatles beim Überschreiten des Zebrastreifens an der Abbey Road auf. Ein Bild, weltbekannt, über die Jahrzehnte tausendfach nachgeahmt und imitiert. Wie in der biologischen Evolution ist auch ein Mem Umwelteinflüssen ausgeliefert, die die Verbreitung verstärken oder abschwächen können. Heute kennt man den Begriff des Memes vor allem aus Internet und Social Media. Ein kleines Bildchen, dass sich immer weiter verbreitet, bis niemand mehr so recht weiß, wo es eigentlich herkommt.
Was nun, wenn es auch so etwas wie ein Antimem gibt? Sozusagen eine Idee, die verhindert, dass sie wahrgenommen und verbreitet wird. Etwas das dafür sorgt, dass jegliche Erinnerung daran einfach gelöscht wird - aus Datenbanken, Aufzeichnungen und Gehirnen. Mit diesem Gedanken hat sich der Autor und Programmierer Sam Hughes auseinandergesetzt.

In „Wir haben keine Antimemetik-Abteilung“ existiert eben doch genau solch eine Abteilung, die darauf spezialisiert ist, die Erde vor dem Angriff gefährlicher Wesen zu beschützen, die sich durch Antimemetik fast unbemerkt um uns herum ausbreiten, um ungestört die Menschheit zu vernichten.
Marie Quinn ist Teil besagter Antimemetik-Organisation, gemeinsam mit ihrem Team riskiert sie jeden Tag ihr Leben, um die Menschheit vor einer drohenden Invasion zu bewahren. Dank bewusstseinserweiternder Medikamente und einer geschulten Wahrnehmung, schaffen sie es zumindest hin und wieder, den gefährlichen Eindringlingen auf die Spur zu kommen, doch scheinen diese ihnen immer mindestens einen Schritt voraus zu sein. Und egal welche Erkenntnis die Abteilung erlangt, im nächsten Moment droht diese bald wieder ins Vergessen abzudriften. Ein nahezu hoffnungsloses Unterfangen.

Das klingt erstmal ein bisschen kompliziert und mehr als abgedreht. Doch sobald man in Hughes Romandebüt einsteigt, „jucken die Synapsen und bitzelt das Gedächtnis“ (Zitat Christian Endres, diezukunft.de). Unsere kleinen, nichtsahnenden Gehirne und unsere Vorstellungskraft werden gehörig herausgefordert und trotz oder gerade wegen der komplexen Ideen ist das ganze wahnsinnig gute Unterhaltung.

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Mr. Saitos reisendes Kino

Autor: Annette Bjergfeldt

Verlag: HarperCollins

ISBN: 978-3-365-00936-9

Preis: 24,00 €

Buchtipp von: Sigrid Pommeranz (Dezember 2025)

Mr. Saitos reisendes Kino

Die Geschichte beginnt 1927, als Fabiola als Neugeborenes von ihrem Vater in einem mit Tüchern ausgelegten Herrenschuhkarton vor den Türen des Klosters Santa Magdalena in Buenos Aires abgelegt wird. Sie ist eine winzige Frühgeburt und ihre Mutter starb im Wochenbett. Mit 14 Jahren schlüpft sie gerne aus dem Klostertor, um am Rio de la Plata die …

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Die Geschichte beginnt 1927, als Fabiola als Neugeborenes von ihrem Vater in einem mit Tüchern ausgelegten Herrenschuhkarton vor den Türen des Klosters Santa Magdalena in Buenos Aires abgelegt wird.
Sie ist eine winzige Frühgeburt und ihre Mutter starb im Wochenbett.
Mit 14 Jahren schlüpft sie gerne aus dem Klostertor, um am Rio de la Plata die Passanten zu beobachten.
Besonders deren Schuhe wecken ihre Aufmerksamkeit. Bereits mit 15 Jahren arbeitet sie in einem Schuhgeschäft in dem sie die Weltberühmtheiten bedient. Denn sie spürt sofort welcher Schuh die Kundschaft glücklich macht, noch bevor sie den Laden betritt.
So beginnt der ungewöhnliche und facettenreiche Roman, der von ihrer Tochter Lita erzählt wird. Während Schuhe und Tango das Leben Ihrer Mutter bestimmt, ist es für neunjährige Lita die Insel Upper Puffin vor Neufundland, auf der sie im Seemannsheim Unterschlupf finden. Dort warten alle sehnlichst auf Mr. Saitos und seinem reisendem Kino, das neben Stummfilmen auch Nachrichten aus aller Welt zeigt.

Der Roman bietet viele wunderbare Momente und lässt den Leser in eine andere Welt abtauchen. Er wird fantasievoll, humorvoll und empathisch erzählt. Die schrulligen Bewohner der Insel werden Sie mögen, genauso wie Sie Oona lieben werden, mit der sich Lita angefreundet hat.
Die Autorin nennt ihren Roman eine Liebesgeschichte in 7 Wellen, für mich war es mehr ein Abenteuer in 7 Wellen und auch ein Roman über Herkunft, Träume, Zusammenhalt und Freundschaft, so vielseitig wie das Leben selbst. Eine tolle Story über das Finden von Familien an unerwarteten Orten.

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The Nightmare before Kissmas

Autor: Sara Raasch

Verlag: Droemer Knaur

ISBN: 978-3-426-56690-9

Preis: 16,00 €

Buchtipp von: Leo Dahl (Dezember 2025)

The Nightmare before Kissmas

Weihnachten ist die schönste Zeit des Jahres! Das zeigt die royale Weihnachtsfamilie um Santa Claus, oder zumindest geben sie sich sehr viel Mühe, damit es nach außen auszustrahlt. Doch Nicholas, der von seinen Freund:innen auch „Coal“ genannt wird, weiß, dass hinter der glitzer-goldenen Fassade eigentlich nur ein riesiges PR Unternehmen steht. …

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Weihnachten ist die schönste Zeit des Jahres! Das zeigt die royale Weihnachtsfamilie um Santa Claus, oder zumindest geben sie sich sehr viel Mühe, damit es nach außen auszustrahlt. Doch Nicholas, der von seinen Freund:innen auch „Coal“ genannt wird, weiß, dass hinter der glitzer-goldenen Fassade eigentlich nur ein riesiges PR Unternehmen steht. Weihnachten ist lange nicht mehr das, was es mal war, und Coals Vater Mr. Claus, der König von Weihnachten, setzt alles daran, das mächtigste Königshaus unter den Feiertagen zu sein. Dafür muss natürlich auch seine Nachfolge geklärt sein, und da kommt Coal als ältester Erbe ins Spiel.
Coal soll seine beste Freundin Iris, die Tochter der Oster Königsfamilie, heiraten. Doch dummerweise ist sein Bruder eigentlich und gar nicht so heimlich in Iris verliebt und Coal könnte sich besseres vorstellen, als eine Ehe einzugehen, damit sein Vater daraus politische Vorteile schlagen kann.

Kurz bevor die Verlobung der Beiden bekannt gegeben werden soll, kommt jedoch das Königshaus von Halloween dazwischen. Denn der König von Halloween findet es gar nicht so gut, einfach so übergangen zu werden, da er ebenfalls einen Sohn im heiratsfähigen Alter hat. Und so startet ein nicht ganz so erster Wettlauf darum, wer Iris zur Frau nehmen darf. Doch dummerweise ist Coals Gegenspieler Hex nicht nur unglaublich attraktiv, sondern auch der geheimnisvolle Fremde, mit dem Coal leicht angetrunken hinter einer Bar vor ein paar Wochen nicht nur einen Kuss geteilt hat.
Der Wettlauf geht los und während sich sowohl Coal als auch Hex eigentlich auf Iris konzentrieren sollten, können sie irgendwie nicht die Finger voneinander lassen…

„The Nightmare before Kissmas“ ist eine Holiday-themed ‚enemies to lovers‘ Romcom, die „Red, White and Royal Blue“ mit „The Nightmare Before Christmas“ vereint. Wer also nach dem perfekten Roman für die Weihnachtstage sucht, wird hier definitiv fündig!

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Katzentage

Autor: Ewald Arenz

Verlag: DuMont Buchverlag

ISBN: 978-3-7558-0056-9

Preis: 22,00 €

Buchtipp von: Rainer Francke (November 2025)

Katzentage

Der November ist ja so ein besonderer Monat: der Sommer ist deutlich vorbei, der Winter noch nicht angekommen, Herbststürme, frühe Dunkelheit, manchmal trübe Gedanken, man mag teilweise kaum Nachrichten schauen; während ich dies schreibe, treibt der Wind Regenschauer an die Fenster. Was hilft: ein Buch, das diese Stimmung vertreibt und nach vorne …

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Der November ist ja so ein besonderer Monat: der Sommer ist deutlich vorbei, der Winter noch nicht angekommen, Herbststürme, frühe Dunkelheit, manchmal trübe Gedanken, man mag teilweise kaum Nachrichten schauen; während ich dies schreibe, treibt der Wind Regenschauer an die Fenster.
Was hilft: ein Buch, das diese Stimmung vertreibt und nach vorne schaut. Und das habe ich zum Glück gefunden.
Zwei Menschen jenseits der 40 waren beruflich veranlasst auf einem Seminar, sie ist Ärztin und er Verwaltungsjurist am selben Krankenhaus. Vorher kannten sie sich flüchtig, aber an diesem Wochenende kommen sie sich näher und verbringen eine Nacht zusammen. Nichts Ernstes, aber nett. Doch auf der Rückreise mit dem Zug verschafft ihnen ein Bahnstreik ein zusätzliches und unerwartetes gemeinsames Wochenende. Und beim gemeinsamen Herumstreifen in der fremden Stadt kommen sie sich näher als eigentlich gewollt. Aber was bedeutet das, was wird danach? Und was hat eine Katze damit zu tun?
Ewald Arenz hat es diesmal kurz gemacht, nur 127 Seiten hat die von Florian Bayer wunderschön illustrierte Geschichte. Und doch vermittelt sie die tröstliche Botschaft, dass es immer irgendwie weitergeht, aber halt nicht immer so, wie man denkt …

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Monstergott

Autor: Caroline Schmitt

Verlag: Park X Ullstein

ISBN: 978-3-9881605-4-6

Preis: 23,00 €

Buchtipp von: Stefan Decken (November 2025)

Monstergott

Ben und Esther, zwei junge Menschen, junge Erwachsene, Geschwister. Er arbeitet als Fluglotse, sie ist Krankenschwester. Beide sind nicht in einer Beziehung, leben in einer Art WG zusammen. Ihr Weltbild und ihre Lebensregeln wurden und werden von einer freikirchlichen Gemeinschaft bestimmt, der sie - ebenso wie ihre Eltern - seit Kindesbeinen …

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Ben und Esther, zwei junge Menschen, junge Erwachsene, Geschwister. Er arbeitet als Fluglotse, sie ist Krankenschwester. Beide sind nicht in einer Beziehung, leben in einer Art WG zusammen. Ihr Weltbild und ihre Lebensregeln wurden und werden von einer freikirchlichen Gemeinschaft bestimmt, der sie - ebenso wie ihre Eltern - seit Kindesbeinen angehören. Jeden Samstag und Sonntag den Gottesdienst aktiv mitgestalten, Kinder- und Jugendfreizeiten organisieren, Bibelkreise leiten, Gottes Wort in der Fußgängerzone verkündigen - das ist ihr Leben, und da bleibt kein Platz für Hobbys und Freundschaften außerhalb der Gemeinde. Der nach außen so smarte hippe Pastor, dessen Social-Media affine Frau jeden Gottesdient auf Insta und Facebook kommentiert, hat seine Gemeinde fest im Griff.
Doch Ben hat ein Problem, von dem noch nicht mal seine Schwester weiß. Und Esther..., die hat gerade einen verloren geglaubten Menschen von früher wiedergetroffen... Die Geschwister lieben Gott aus tiefstem Herzen, und um ihm zu gefallen versuchten sie jahrelang asketisch zu leben und kämpften gleichzeitig gegen ihre persönlichsten und intimsten Bedürfnisse an, die ihnen als Verderbtheit und Mißachtung von Gottes Wort vermittelt wurden.
Doch allmählich scheint beiden bewusst zu werden, dass es ein Leben außerhalb ihrer Community gibt.

"Caroline Schmitt schreibt furchtbar präzise über den Hunger nach Glauben und die Verzweiflung am eigenen Menschsein. Ihre Protagonisten sind einem so fremd und dann doch so nah, dass man nicht weiß, ob man sie umarmen oder lieber vor ihnen wegrennen möchte." (Alina Bronsky)

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Scheißkerle

Autor: Andrev Walden

Verlag: Luchterhand Literaturverlag

ISBN: 978-3-630-87815-7

Preis: 25,00 €

Buchtipp von: Anne Simon (Oktober 2025)

Scheißkerle

Dieses Buch hält was der Titel verspricht - es ist voller Scheisskerle. Eine stolze Summe von sieben Vätern in sieben Jahren hat der kleine Andrev vorzuweisen. Es sind die frühen 1980er Jahre in Schweden und der Zeitgeist noch immer von den 68ern geprägt. Aus dem Blickwinkel des zu Anfang siebenjährigen Icherzählers erfahren wir wie es ist, sein …

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Dieses Buch hält was der Titel verspricht - es ist voller Scheisskerle. Eine stolze Summe von sieben Vätern in sieben Jahren hat der kleine Andrev vorzuweisen.

Es sind die frühen 1980er Jahre in Schweden und der Zeitgeist noch immer von den 68ern geprägt. Aus dem Blickwinkel des zu Anfang siebenjährigen Icherzählers erfahren wir wie es ist, sein Leben mit teils unsympathischen, teils unberechenbaren oder sogar gefährlichen Männern zu teilen, welche die Mutter wie ein Magnet magisch anzuziehen scheint.

Andrev kennt es nicht anders. Der Mann, den er zunächst ganz selbstverständlich für seinen Vater hält, entpuppt sich schon zu Anfang des Romans als ziemlicher Spinner und gemeinsam mit dem Kind sind wir froh, als die Mutter ihn verlässt.
Die folgenden Beziehungen halten mal länger, mal kürzer, und immer wieder verlässt die kleine Familie den aktuellen Wohnort, um damit auch die schlechten Erfahrungen hinter sich zu lassen. Nur wird es dadurch selten besser. Ihr gemeinsames Leben ist immer mehr von Armut und Heimatlosigkeit geprägt. Der Junge leidet unter dem Verlust frisch geschlossener Freundschaften und Gewohnheiten. Die Mutter gibt sich meist ungerührt, und nahezu stoisch fällt sie bei nächster Gelegenheit wieder auf den selben Schlag Mann rein. Andrev währenddessen sehnt sich nach Beständigkeit und Zugehörigkeit, die ihm seine liebende, aber oft unzuverlässige Mutter kaum bieten kann.
So bleibt ihm nur die Hoffnung, eines Tages seinem echten, ihm lange unbekannten Vater zu begegnen. Wer sein Vater ist, das verrät ihm seine Mutter eines Tage genau so unabsichtlich wie beiläufig. Sie zeigt ihm ein Foto von einem Mann mit langem schwarzen Haar, wie er den kleinen Andrev im Arm hält. In Amerika sei er, sagt ihm die Mutter. Für Andrev ist der geheimnisvolle „Indianer“ von nun an eine weit entfernte Sehnsuchtsfigur. Und bis sich die Möglichkeit einer Begegnung auftut, werden noch viele Jahre vergehen. Bis dahin werden der Junge und seine Mutter wie in einer Art Odyssee noch vielen Scheisskerlen begegnen.

Andrev Waldens autobiographischer Debütroman ist ein fulminantes Abenteuer - traurig, brüllend komisch und zu Herzen gehend. Walden beschreibt seine Figuren niemals schwarz-weiß, sondern mit sämtlichen Schattierungen, jedem Widerling ringt er doch auch immer ein Fünkchen Seele ab, lässt uns mit allen Protagonisten mitfühlen. Das wirklich spannende aber ist ein besonderer Kniff in der Erzählperspektive: Aus Sicht des kindlichen Erzählers begleiten wir diesen durch sein Leben. Zugleich bricht dieser immer wieder mit der Perspektive und gibt einen Blick frei auf sein zukünftiges Leben als erwachsener Schriftsteller. Das hat einen ganz eigenen Charme und macht „Scheißkerle“ nochmals unterhaltsamer.

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Familiensache

Autor: Claire Lynch

Verlag: Penguin

ISBN: 978-3-328-60426-6

Preis: 24,00 €

Buchtipp von: Sigrid Pommeranz (November 2025)

Familiensache

Obwohl Heron erst vor fünfeinhalb Stunden von seinem baldigen Tod erfahren hat, fährt er wie jeden Donnerstag zu seinem Lieblingssupermarkt. Dort öffnet er die Tiefkühltruhe und legt sich hinein. Es geht ihm gut und er hätte wahrscheinlich noch länger in der Truhe verweilt, aber dann sucht eine Kundin die Tiefkühlerbsen und findet stattdessen …

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Obwohl Heron erst vor fünfeinhalb Stunden von seinem baldigen Tod erfahren hat, fährt er wie jeden Donnerstag zu seinem Lieblingssupermarkt. Dort öffnet er die Tiefkühltruhe und legt sich hinein. Es geht ihm gut und er hätte wahrscheinlich noch länger in der Truhe verweilt, aber dann sucht eine Kundin die Tiefkühlerbsen und findet stattdessen Heron. Nach dem Schreckensschrei der Kundin holen ihn drei Angestellte aus der Truhe. Beim abendlichen Telefongespräch mit seiner Tochter erzählt er nichts davon, genauso wie er auch nie erzählte, was 1982 geschah.
Heron und seine Tochter sind noch immer ein Herz und eine Seele. Er hat Maggie allein großgezogen und ihr erzählt, dass ihre Mutter verstarb, als Maggie noch ein kleines Mädchen war.
Während Maggie mit dieser Lüge aufwächst, lebt Ihre Mutter seit vierzig Jahren irgendwo in England. Getrennt von ihrer Tochter, weil ein Familiengericht sie dazu zwingt. Maggie erfährt spät, dass ihre Mutter sie nicht freiwillig verlassen hat, sondern nach einer Liebesbeziehung mit einer Frau ihr das Sorgerecht entzogen wurde, jeglicher Kontakt zu ihrer Tochter wurde ihr untersagt.

Der Roman spielt in England und erzählt auf zwei Zeitebenen und wechselnden Perspektiven aus dem Leben einer zerrissenen Familie. In der Vergangenheit erzählt Dawn, die Mutter Maggies, aus den 1980er Jahren, als ihr Leben zerbricht, nachdem sie ihrem Mann die Liebe zu einer Frau gesteht. In der Gegenwart ist die Tochter Maggie selbst Mutter dreier Kinder und ahnt noch nicht, dass ihre Mutter lebt.
Mit viel Empathie geht Claire Lynch nicht nur auf die Gefühle der Mutter ein, sondern lässt auch Heron zu Wort kommen, der im Grunde nur das Beste für seine Tochter wollte und sich den gesellschaftlichen Erwartungen beugte. Ein ehrliches, bewegendes und gut geschriebenes Buch, basierend auf tatsächlichen Sorgerechtsfällen.

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