Unsere Empfehlungen

Mameleben

Autor: Michel Bergmann

Verlag: Diogenes

ISBN: 978-3-257-07225-9

Preis: 25,00 €

Buchtipp von: Rainer Francke (März 2023)

Mameleben

Michel Bergmanns Mutter Charlotte ist ohne Zweifel eine starke Frau – und zugleich ist ihre Mutterliebe manchmal erdrückend. Als Jüdin entkommt sie den Nazis zunächst nach Frankreich, wird dort aber 1943 entdeckt und interniert. Mit unglaublichem Glück kann sie von dort entkommen, überlebt, baut mit ihrem Mann in den 50er-Jahren in Frankfurt …

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Michel Bergmanns Mutter Charlotte ist ohne Zweifel eine starke Frau – und zugleich ist ihre Mutterliebe manchmal erdrückend. Als Jüdin entkommt sie den Nazis zunächst nach Frankreich, wird dort aber 1943 entdeckt und interniert. Mit unglaublichem Glück kann sie von dort entkommen, überlebt, baut mit ihrem Mann in den 50er-Jahren in Frankfurt dessen Teilacher-Geschäft wieder auf, verliert den Mann, findet ein neues Glück, das aber nicht von Dauer sein soll … Dieser Stoff reicht locker für mehrere Leben.
Aus der Sicht ihres Sohnes entsteht ein eigener Blick auf dieses Schicksal. Denn die Liebe seiner Mutter ist widersprüchlich: Sie lässt ihn als Kleinkind in der Schweiz zurück, holt ihn später wieder zu sich, verwöhnt und erdrückt ihn, gibt und fordert alles, ist sowohl bewundernswert als auch manchmal peinlich. Anekdoten über Charlottes Charakterstärke finden sich ebenso wie solche über ihre Übergriffigkeit. Und es bleiben zurück Staunen und Bewunderung für diese deutsche Lebensgeschichte, den schicksalhaft unbedingten Mut und Überlebenswillen Charlottes. Und die Erkenntnis, was Verfolgung und Missachtung mit einem Menschen machen, welche späten Folgen sie haben können. Faszinierende Lektüre, zutiefst berührend!

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Morgen, morgen und wieder morgen

Autor: Gabrielle Zevin

Verlag: Eichborn

ISBN: 978-3-8479-0129-7

Preis: 25,00 €

Buchtipp von: Stefan Decken (März 2023)

Morgen, morgen und wieder morgen

Sadie und Sam haben sich als Kinder in einem Krankenhaus kennengelernt. Sam war dort, weil er sich bei einem Autounfall schwer verletzt hatte, Sadie, weil sie ihre krebskranke Schwester besuchte. Was die beiden eint, ist ihre Liebe zu Videospielen. Zwischen den beiden entsteht eine ganz besondere Freundschaft, die Jahre anhält - bis sie sich …

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Sadie und Sam haben sich als Kinder in einem Krankenhaus kennengelernt. Sam war dort, weil er sich bei einem Autounfall schwer verletzt hatte, Sadie, weil sie ihre krebskranke Schwester besuchte. Was die beiden eint, ist ihre Liebe zu Videospielen. Zwischen den beiden entsteht eine ganz besondere Freundschaft, die Jahre anhält - bis sie sich irgendwann doch aus den Augen verlieren.
Mitte der 90er-Jahre hat Sam gerade sein Studium in Harvard aufgenommen, als er Sadie wiedertrifft. Ganz zufällig, in der U-Bahnstation. Sadie hat ihr Hobby zum Beruf gemacht, sie designt Computerspiele. Die beiden beginnen zusammenzuarbeiten und werden schnell ein kreatives Team. Als ihr erstes gemeinsam entwickeltes Spiel wider Erwarten zum Hit wird und sie ihre neu gegründete Firma von Boston nach Kalifornien verlegen, brechen Stück für Stück Rivalitäten auf. Welchen Weg wollen sie zukünftig gehen? Ist Geld alles? Gibt es Raum für private Beziehungen? Offene Fragen, die alles bedrohen, was sie sich aufgebaut haben ...

Gabrielle Zevins Roman - es ist ihr erster, eigentlich arbeitet sie als Drehbuchautorin - umfasst die Zeit von 1995 bis ungefähr 2015. Er erzählt von Freundschaft, Popkultur, jüdischem und asiatischem Leben in Amerika, von kreativem Aufbruch und eben vom Scheitern. Und von einer berührenden (Fast-)Liebesgeschichte. Fans von Video- bzw. Internetspielen werden ebenfalls bestens unterhalten werden: 'Donkey Kong', 'Frogger', 'Super Mario', 3.25-Zoll-Disketten... Gamer können mit den Namen etwas anfangen. Aber keine Sorge: Gaming ist nur ein Bestandteil des 550 Seiten langen Romans. Und interessiert mich eigentlich gar nicht. Trotzdem ist "Morgen, morgen und wieder morgen" schon jetzt eines meiner Lieblingsbücher in diesem Jahr!

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Flamingo

Autor: Rachel Elliott

Verlag: mareverlag

ISBN: 978-3-86648-703-1

Preis: 24,00 €

Buchtipp von: Anne Simon (März 2023)

Flamingo

Daniel ist am Ende - seine Freundin hat ihn verlassen, der Vermieter hat ihn aus der Wohnung geworfen und vor lauter Verzweiflung, oder vielleicht auch nur aus einem Reflex heraus, spendet er all sein Hab und Gut an ein Sozialkaufhaus. Nun steht er ohne jeglichen Besitz da, ohne ein Dach über dem Kopf und ohne Freunde und Familie. Ein paar Tage …

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Daniel ist am Ende - seine Freundin hat ihn verlassen, der Vermieter hat ihn aus der Wohnung geworfen und vor lauter Verzweiflung, oder vielleicht auch nur aus einem Reflex heraus, spendet er all sein Hab und Gut an ein Sozialkaufhaus. Nun steht er ohne jeglichen Besitz da, ohne ein Dach über dem Kopf und ohne Freunde und Familie. Ein paar Tage streift er durch die Stadt, schläft im Park unter einem Baum, wird verspottet und verprügelt. Schließlich strandet er in der öffentlichen Bibliothek, in Tränen aufgelöst klammert er sich an ein altes Kochbuch.
Es sind die Worte einer fremden Frau, die ihn in diesem Zustand vorfindet, die Daniel den Anstoß geben, aus seiner Trauer und Einsamkeit auszubrechen. „Was auch immer Ihnen gerade Kummer bereitet, es wird nicht ewig andauern,…“
Und plötzlich hat er ein Bild aus seiner Vergangenheit vor Augen: Drei Flamingos in einem Vorgarten in Norfolk. In dem zum Vorgarten gehörigen Haus lebte eine Familie, die nicht Daniels Familie war, ihm aber zum ersten und einzigen Mal in seinem damals noch jungen Leben das Gefühl gab, angekommen und zu Hause zu sein. Diese Erinnerung an das vergangene Glück lässt Daniel hoffen, dass er vielleicht auch wieder glücklich werden könnte, wenn er nur wieder zurück an den Ort seiner Kindheit ginge. Und so kauft Daniel ein Ticket und steigt in den Zug Richtung Norfolk, Richtung Vergangenheit und Zukunft.

Rachel Elliott, Autorin von „Bären füttern verboten“, erzählt in „Flamingo“ von einem Haufen ebenso dysfunktionaler wie liebenswerter Menschen, die lernen, sich von starren Vorstellungen zu befreien, und erkennen, wie bereichernd es sein kann, andere (sowie sich selbst) trotz ihrer Fehler zu akzeptieren und zu schätzen. Ein wahrer Wohlfühlroman.

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Die Gewinner

Autor: Fredrik Backman

Verlag: Goldmann

ISBN: 978-3-442-31585-7

Preis: 22,00 €

Buchtipp von: Sigrid Pommeranz (März 2023)

Die Gewinner

Schon immer war Eishockey das Tagesthema, die Hauptschlagader und der Puls in den kleinen verfeindeten Städten Björnstadt und Hed. Weit abgelegen, in den tiefsten Wäldern Schwedens, kämpfen beide Städte seit langem ums Überleben. Ihre ewige Rivalität hat die beiden Städte sehr stark geprägt und seit dem Ereignis vor zwei Jahren haftet den Orten …

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Schon immer war Eishockey das Tagesthema, die Hauptschlagader und der Puls in den kleinen verfeindeten Städten Björnstadt und Hed. Weit abgelegen, in den tiefsten Wäldern Schwedens, kämpfen beide Städte seit langem ums Überleben. Ihre ewige Rivalität hat die beiden Städte sehr stark geprägt und seit dem Ereignis vor zwei Jahren haftet den Orten nur eine scheinbare Stille, gleich einem Waffenstillstand, an. Maya packte damals die Koffer und flüchtete in die Hauptstadt, auch Benji verließ die Stadt und versuchte, im Boden unzähliger Schnapsflasche die Geschehnisse zu vergessen. Doch wie sehr alle mit den Orten verbunden sind merkt man, als ein Sturm aufzieht und sich zur selben Zeit ein Todesfall ereignet. Diejenigen, die eigentlich der Stadt und dem Eishockeyclub den Rücken zukehren wollten, eilen zurück in ihren Heimatort, um zu helfen und Beistand zu leisten. Durch den Sturm wurde das Dach einer der Eishockeyhallen vollkommen zerstört und somit das Leben ihrer Einwohner und die Zukunft der beiden Städten wieder einmal auf den Kopf gestellt.

"Die Gewinner" ist bereits der dritte Band der Björnstadt-Trilogie, kann aber auch separat gelesen werden, da Backman immer wieder auf die Ereignisse aus den vorangegangenen Teilen eingeht, ohne dadurch langatmig zu werden. Im Gegenteil, dadurch dass jeder seiner Protagonisten eine besondere Stellung einnimmt und einen einzigartigen Charakter darstellt, lässt sich gut nachfühlen, wie sehr die Personen an ihren Orten und den Eishockeyclubs hängen. Es geht um Freundschaft, Leidenschaft, Gemeinschaft und um ihre Zukunft. Ich persönlich mag seinen Schreibstil und die Beschreibungen aus unterschiedlichen Perspektiven. Auch wenn vielleicht die 950 Seiten des Buches auf den ersten Blick etwas viel erscheinen, so habe ich doch alle Seiten genossen. Auch muss man grundsätzlich kein Eishockeyfan sein und schon gar nicht von irgendwelchen Spielregeln des Sports Kenntnis haben, das ist eher Nebensache. Viel mehr ist es das Gefühl und die Leidenschaft, die die Spieler, deren Familien und die Fans entwickeln, die den Roman ausmachen.

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Café Leben

Autor: Jo Leevers

Verlag: Droemer Knaur

ISBN: 978-3-426-28280-9

Preis: 20,00 €

Buchtipp von: Vanessa Bartz (März 2023)

Café Leben

Henrietta braucht unbedingt eine neue Arbeitsstelle. Da sie sehr gerne schreibt, bewirbt sie sich für das Projekt „Lebensbuch“ im Hospiz. Ihre Aufgabe ist es, die Lebensgeschichten todkranker Menschen aufzuschreiben und in einem jeweiligen Buch zusammenzufassen. Für die Interviews trifft sich Henrietta mit den Patienten in dem Café der …

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Henrietta braucht unbedingt eine neue Arbeitsstelle. Da sie sehr gerne schreibt, bewirbt sie sich für das Projekt „Lebensbuch“ im Hospiz. Ihre Aufgabe ist es, die Lebensgeschichten todkranker Menschen aufzuschreiben und in einem jeweiligen Buch zusammenzufassen. Für die Interviews trifft sich Henrietta mit den Patienten in dem Café der Rosendale-Krebsambulanz. Ihre erste Klientin ist Annie Doyle. Die 66jährige ist schwer an Krebs erkrankt und hat nur noch ein paar Wochen zu leben. Henrietta versucht ihren Fragekatalog für das Lebensbuch mit Annie durchzuarbeiten, aber Annie fällt es sehr schwer über ihre Vergangenheit zu reden. Sie hat früh ihre Schwester verloren und keiner weiß genau, was mit ihr passiert ist. Damals vermutete die Polizei, dass die Schwester ertrunken ist, aber Henrietta ist von der Geschichte nicht überzeugt. Es muss mehr dahinterstecken. Ihr lässt die Geschichte einfach keine Ruhe und sie merkt, dass es Annie auch so geht. Also macht sich Henrietta auf die Suche und versucht herauszufinden, was mit Annies Schwester damals passiert ist. Und tatsächlich schafft es Henrietta, das Geheimnis zu lüften. Zeitgleich muss sich Henrietta auch mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzen, denn auch sie hat vieles erlebt, was verarbeitet werden muss.

„Café Leben“ ist ein sehr schöner und einfühlsamer Roman, der einen zum Nachdenken anregt. Was würde in meinem Buch stehen? Wie sieht meine Lebensgeschichte aus? Die Geschichten und Schicksalsschläge beider Frauen ziehen den Leser bis zur letzten Seite in den Bann. Man möchte einfach wissen, was passiert ist und wie die Geschichte für Annie endet.

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Der Brand

Autor: Daniela Krien

Verlag: Diogenes

ISBN: 978-3-257-07048-4

Preis: 22,00 €

Buchtipp von: Rainer Francke (Februar 2023)

Der Brand

Rahel und Peter sind ein in die Jahre gekommenes Ehepaar, seit fast 30 Jahren verheiratet. Sie schätzen sich, mögen sich, aber irgendwie hat sich im Lauf der langen Zeit und über dem Erwachsenwerden ihrer zwei Kinder die Liebe aus ihrer Ehe verabschiedet. Das wird ihnen deutlich, als sie – eigentlich war ein ganz anderer Urlaub geplant- sich für …

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Rahel und Peter sind ein in die Jahre gekommenes Ehepaar, seit fast 30 Jahren verheiratet. Sie schätzen sich, mögen sich, aber irgendwie hat sich im Lauf der langen Zeit und über dem Erwachsenwerden ihrer zwei Kinder die Liebe aus ihrer Ehe verabschiedet.
Das wird ihnen deutlich, als sie – eigentlich war ein ganz anderer Urlaub geplant- sich für drei Wochen in der Uckermark wiederfinden. Dort muss das Haus einer erkrankten Freundin gehütet werden, samt einer Schar alter Tiere. Die unverhoffte Muße und Stille bringt das Ehepaar dazu, über sich selber nachzudenken: ihn, den Professor an der TU, den ein Shitstorm über eine politische Inkorrektheit fast seine Stelle gekostet hätte; sie, die Psychotherapeutin, die unter dem Desinteresse ihres Mannes an ihr und ihrem eigenen Älterwerden leidet. Vieles kommt hoch in der Sommerhitze und der Abgeschiedenheit auf dem platten Land, viel bislang Unausgesprochenes, Verdrängtes, Verletzungen.
Bis - und das ist das Schöne und Berührende an diesem Roman - die beiden sich neu erfinden, andere Rollen für sich schaffen, die mit der Vergangenheit abschließen und in die Zukunft gerichtet sind.
Ein scharf beobachtender Roman, der seinen Figuren mit distanzierter Sympathie begegnet und sie in eine offene Zukunft entlässt …

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Verschwiegen

Autor: Eva Björg Ægisdóttir

Verlag: Kiepenheuer & Witsch

ISBN: 978-3-462-00258-4

Preis: 17,00 €

Buchtipp von: Stefan Decken (Februar 2023)

Verschwiegen

Akranes ist eine kleine Stadt unweit der isländischen Hauptstadt Reykjavik. Hier kennt jeder jeden, das Leben läuft in ruhigen Bahnen. Die Polizei muss sich höchstens mal um betrunkene Bewohner oder Touristen kümmern und Strafzettel wegen Geschwindigkeitsüberschreitung ausstellen. Die beschauliche Alltagsroutine wird abrupt unterbrochen, als zwei …

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Akranes ist eine kleine Stadt unweit der isländischen Hauptstadt Reykjavik. Hier kennt jeder jeden, das Leben läuft in ruhigen Bahnen. Die Polizei muss sich höchstens mal um betrunkene Bewohner oder Touristen kümmern und Strafzettel wegen Geschwindigkeitsüberschreitung ausstellen. Die beschauliche Alltagsroutine wird abrupt unterbrochen, als zwei Teenager an einem stürmischen Herbstabend eine unbekannte Tote finden - direkt am Leuchtturm, halb im Wasser liegend.
Polizistin Elma, selbst in Akranes aufgewachsen und nach dem unschönen Ende einer Beziehung in der Hauptstadt an den Ort ihrer Kindheit zurückgekehrt, übernimmt mit ihren Kollegen die Ermittlungen. Und stößt auf ein Geheimnis aus der Vergangenheit der Toten, dessen Auswirkungen bis in die Gegenwart reichen. Eine Reihe von weiteren Verbrechen offenbart sich, die die gesamte Gemeinschaft der Kleinstadt erschüttert und auch Elma zwingt, sich mit manchen Dämonen ihrer Kindheit auseinander zu setzen...

Eva Björg Ægisdóttir ist in Akranes geboren und aufgewachsen. Nach einem Soziologiestudium in Trondheim/Norwegen kehrte sie in ihre Heimat zurück. "Verschwiegen" ist ihr erster Krimi, weitere werden folgen, ebenfalls mit Elma als Ermittlerin. Und das ist sehr gut und erweckt Vorfreude, denn "Verschwiegen" ist mal wirklich spannend, voll psychologischer Finesse und punktet zudem mit der (vermutlich großartigen - ich war noch nicht dort!) kargen, regenverhangenen isländischen Kulisse.

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Ganz gewöhnliche Monster

Autor: J.M. Miro

Verlag: Heyne

ISBN: 978-3-453-32232-5

Preis: 24,00 €

Buchtipp von: Anne Simon (Februar 2023)

Ganz gewöhnliche Monster

Nur noch diesen Job zu Ende bringen, und dann nichts wie weg. Das denkt sich Alice Quicke nicht nur einmal. Wenn man nicht weiß, wer gut und wer böse ist und auf wessen Seite man selbst eigentlich arbeitet, dann sind Zweifel vorprogrammiert und ist Vorsicht geboten. USA, 1892: Alice und ihr deutlich erfahrenerer Kollege Mr. Coulton sind beauftragt …

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Nur noch diesen Job zu Ende bringen, und dann nichts wie weg. Das denkt sich Alice Quicke nicht nur einmal. Wenn man nicht weiß, wer gut und wer böse ist und auf wessen Seite man selbst eigentlich arbeitet, dann sind Zweifel vorprogrammiert und ist Vorsicht geboten.
USA, 1892: Alice und ihr deutlich erfahrenerer Kollege Mr. Coulton sind beauftragt nach zwei Kindern zu suchen, um diese ins Cairndale-Institut ins weit entfernte Schottland zu begleiten. Alice weiß wenig über die Auftraggeber und deren Beweggründe. Einzig, dass die Kinder übernatürliche Fähigkeiten haben und sie zu ihrem eigenen Schutz in das abgelegene Anwesen gebracht werden sollen. Coulton scheint mehr zu wissen, hält sich diesbezüglich aber äußerst bedeckt, weshalb Alice im Laufe der Zeit immer wieder Zweifel an der Sinnhaftigkeit ihrer Reise hegt. Und auch wenn die beiden mit allen Wassern gewaschen sind, ist der Auftrag komplizierter und gefährlicher, als sie zunächst geglaubt haben.
Das erste Kind finden sie bald im Süden des Landes. Misshandelt und fälschlicherweise zum Tode verurteilt, fristet Charlie ein menschenunwürdiges Leben in einem Lagerraum. Das Todesurteil wurde schon mehrfach vollstreckt, doch nichts konnte den Jungen umbringen. Klar, dass sie ihn aus seiner Lage befreien und ihn mit nach Schottland nehmen müssen. Als Alice allerdings das zweite Kind aufspürt, machen sich erneut Zweifel an ihrem Auftrag in ihr breit. Um den kleinen Marlowe und seine sogenannten Angehörigen von der Reise nach Schottland zu überzeugen, muss sie schon ihre ganze Überzeugungskunst einsetzen. Denn der Achtjährige gehört zwar einem heruntergekommenen Wanderzirkus an, in dem er und sein Talent, ein wundersam blaues Leuchten, Tag für Tag ausgebeutet und vorgeführt werden. Doch fühlt er sich bei seiner Bezugsperson, einer riesenhaften wie liebevollen Frau sicher und geborgen. Ist es wirklich richtig, ihn seiner gewohnten Umgebung zu entreissen?
Doch Alice hat nicht lange Zeit, ihren Skrupeln nachzuhängen. Denn sie und Coulton sind nicht die einzigen, die von den besonderen Fähigkeiten der Kinder wissen. Mächtige Gegner sind ihnen schon auf den Fersen und setzen alles daran, sich der jungen Talente zu ermächtigen. Bis zum Erreichen des Instituts stehen der Gruppe noch einige Begegnungen mit dunklen Mächten und anderen Monstrositäten bevor. Und kaum haben sie ihr Ziel erreicht, erweist sich auch das Cairndale-Institut als weitere Bewährungsprobe. Denn auch hier ist nicht alles so, wie es scheint.

Ein geheimnisvolles Anwesen, abgelegen von der Zivilisation, eine Ansammlung besonderer Kinder mit übernatürlichen Fähigkeiten, das hat man alles schon mal gehört. Sei es Harry Potter, X-Men oder „Die Insel der besonderen Kinder“ - so gut wie in „Ganz gewöhnliche Monster“ aber wurde es lange nicht erzählt. Passend zum Reisetempo des späten 19. Jahrhunderts - ein nicht unerheblicher Teil der Handlung spielt sich in Zügen und auf Schiffen ab - lässt J.M. Miro der Handlung viel Zeit sich zu entwickeln. Und so können wir uns an vielschichtigen Charakteren und einer weit verzweigten Geschichte erfreuen, in der nicht alles einfach nur gut oder böse ist. Das wirklich Spannende spielt sich in den zahlreichen Schattierungen dazwischen ab. Schön, dass „Ganz gewöhnliche Monster“ mit seinen fast 800 Seiten nur der Auftakt zu einer Trilogie ist und wir das Carindale-institut und seine Bewohner noch länger begleiten dürfen.

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